Die Steuerung im großen Rad
Bessler hat die Funktion seiner Räder bewusst verheimlicht. Trotzdem
hat es ihn in den Fingern gejuckt und er hat in seinen Büchern immer
wieder Hinweise eingestreut. In einer Verzierung auf jeder Seite des Hauptteils
von Apologische Poesie hat er wohl die Steuerung der großen
Räder an ganz prominenter Stelle dargestellt - als kleinen Stern
in der Kopfzeile.
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Was hier aussieht wie ein Stern, eine Verzierung, die
die Seitenzahl einrahmt, ist in Wirklichkeit die abstrahierte Form der
Steuerung im Bessler-Rad.
Dieser Fund war für mich so eine kleine Bestätigung auf dem
richtigen Weg zu sein.
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Wie früher dargestellt gibt es im Rad 2 x 5 Unwucht-Räder an
5 Balken (Doppelhebeln). Vier dieser Balken sind immer mit dem Rad
verbunden (die Drehung der Unwucht-Räder ist blockiert), die
Winkel zwischen ihnen bleiben konstant. Nur ein Balken ist frei und
wird abgebremst. Er dreht sich dann relativ zum Rad rückwärts.
Das abgebildete rosafarbene Teil ist ein Teilzahnrad, das jeweils mit
einem Balken fest verbunden ist.
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Wenn man zu vier Teilstücken das fünfte überlappend dazusetzt,
hat man den Stern aus der Kopfzeile des Buches. Damit bei den fünf
Balken jeweils zwei überlappen können, braucht es schon eine
ausgeklügelte Mechanik. Das Teil darf nicht wie dargestellt
durchgehend die anderen überlappen, sondern muss geteilt sein.
Eine Seite gehört auf eine Seite des Rades (zu einem Motus) und die
andere auf die andere Seite des Rades (zum zweiten Motus).
Das untere Teil 5a müsste also real hinter Teil 1b liegen.
Dargestellt ist hier eine 41,5 Grad Überlappung, die auch technisch
realisierbar ist. Nur bei einer 45 Grad Überlappung würden sich
aber genau 8 Takte pro Umdrehung ergeben (wie überliefert).
Wie Bessler es genau gemacht hat wird sich noch zeigen.
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Hier sehen wir die Grundstruktur des Getriebes. Das große Rad hat
aussen ein innenverzahntes Zahnrad. Das innere Zahnrad, Zentralrad oder
Sonnenrad, ist mit diesem fest verbunden, dreht sich also mit gleicher
Geschwindigkeit. Die drei kleinen Zahnräder links betrachten wir
mal als ortsfest, sie drehen sich relativ schnell, wenn das Rad sich dreht.
Legen wir jetzt ein Teilzahnrad hinein, dann ist dieses frei drehbar,
solange es kein kleines Zahnrad berührt. Es dreht sich aber exakt mit
dem Rad mit, wenn eines der kleinen Zahnräder eingreifen kann.
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Statt fünf Teilzahnrädern sind hier mal drei eingelegt, rosa,
grün und hellblau. Die grünen und blauen Orientierungspunkte
drehen sich mit gleicher Winkelgeschwindigkeit, da die kleinen Zahnräder
im Eingriff sind. Genau das wollen wir erreichen. Steht ein Teilzahnrad
(rosa) dann fast senkrecht, so wird es von den kleinen Rädern
freigegeben. Jetzt greift der kleine Hebel des Genfer-Rads unten in
eine kleine Tasche ein und schwingt das Teilzahnrad und damit den Balken
zurück, um etwa 45 Grad.
Dabei drehen sich dann auch die Unwucht- oder Satellitenräder in der
gewünschten Weise und die Gewichte schwingen ein bzw. aus.
Angenommen ist hier eine Drehung des Rads im Uhrzeigersinn.
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Hier hat sich das Rad ein paar Grad weitergedreht und das Zurückschwingen
des Balkens ist schon fast abgeschlossen.
Als nächstes wird das Teilzahnrad von einem kleinen Zahnrad
erfasst und damit dreht der gesamte Balken sich wieder mit dem Rad.
Man kann jetzt schon einen Eindruck bekommen
wie schnell dieses Zurückschwingen eines Balkens abläuft
und wieviel Energie dazu nötig ist. Die Energie kommt dabei aus
vielen Quellen: einem Pendel, dem Stampfwerk und der Trägheit
des Rades.
Da es im Bessler-Rad kein „ortsfest” gibt, gehörten die
kleinen Zahnrädern und das Genfer-Rad
auch zu einem schwingenden System.
Man kann sagen: Im Bessler-Rad war so ziemlich alles am Schwingen
und hat sich gegenseitig aufgeschaukelt.
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