Die beiden letzten Räder, die großen Räder, hatten ein anderes
Prinzip des äusseren Unwuchtsystems. Sie arbeiteten mit Zahnrädern
und exzentrisch angebrachten Gewichten. Der Rad-Durchmesser war ca. 3,8 Meter
und die Dicke der Rad-Scheibe betrug nur ca. 40 cm.
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Eine wichtige Komponente war sicher ein Zahnkranz mit dem Durchmesser
des gesamten Rades (Innenverzahntes Rad im Bild). In der Darstellung
des Merseburger Rads kann man sogar die einzelnen Stifte abzählen,
die äusserlich das Rad zusammenhalten, innen aber als Zähne
dienen (im Stich zähle ich ca. 118, es müssen aber genau
120 sein).
Dann gibt es fünf Doppelhebel (Balken) die auf jeder Seite ein
Zahnrad mit einer Unwucht tragen. Acht Zahnräder sind immer so
blockiert, dass die Unwuchten entweder aussen oder innen bleiben.
Nur die beiden Zahnräder oben und unten werden freigegeben, so
dass die Unwuchten ein- oder ausschwingen.
Diese Unwuchtverlagerung wird erreicht durch das Bremsen
des freigegebenen Balkens.
Hier eine Animation (noch ccw):
Bessler_AZ-17-11.gif
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Wenn man den Mechanismus zum ersten Mal sieht, schaut der ganz schön
komplex und verwirrend aus. Das löst sich schnell auf, wenn man erst
den Sinn dahinter versteht. Gehen wir Mal von einem Balken aus mit zwei
Zahnrädern an den Enden.
Die zwei blauen Gewichte sollen jeweils nach oben während das Rad
sich dreht. Ganz einfach! Der Balken muss nur stehenbleiben.
Haben die Gewichte die gewünschte Position erreicht, so dreht der
Balken sich wieder mit dem Rad mit.
Dann wirds schwieriger. Wieviele Zahnräder lassen sich da unterbringen
wenn es keine Kollision geben soll ? ... zu wenige.
Man muss also eine Überlappung zulassen, also zwei Ebenen. Nutzt
man jetzt den Platz optimal aus, so entsteht automatisch das Bild oben.
Und zwei Ebenen passen auch wieder zu zwei mal Motus.
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Das Prinzip ist also ganz einfach und es nutzt sehr geschickt auch noch
den Pirouetten-Effekt aus.
Nicht einfach ist jedoch die technische Realisierung!
Erinnern wir uns an das anregende Zusammenspiel von innerem und äusserem
System. Das äussere braucht einen Bremsimpuls, die frei werdende
Energie dient dem inneren System zur Anregung. Bei richtiger Abstimmung
läuft das Gesamtsystem autonom und kann sogar noch Energie abgeben.
Die großen Räder enthalten so viele Feinheiten, dass man nur
den Hut ziehen kann vor Bessler, der so ein fein abgestimmtes
Schwingungs-System schon vor 300 Jahren ganz allein entworfen und gebaut hat.
Vielleicht gäbe es auch heute Menschen, die gerne an so etwas
tüfteln würden, aber sie „wissen” ja, dass es
nicht funktionieren kann. Gut das Bessler das nicht wusste.
Zur Funktion des großen Rades brauchen wir jetzt noch die Steuerung
der Balken, d.h. wie werden sie mit dem Rad verbunden bzw. gelöst.
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