Die Seiten „zwei und zwei” beschreiben Funktion und Aufbau
eines einfachen Bessler-Rades wie man es heute realisieren würde.
Vier solcher Systeme mit acht Fluggewichten stellten wohl auch die
Grundstruktur der großen Räder dar, die zusätzlich
auch noch einen Umkehrmechanismus hatten.
Aktuell bin ich aber eher der Meinung, dass das Unwuchtsystem der ersten
beiden Räder noch einfacher gebaut war.
Dazu ein kurzer Ausflug in die Verschleierungstaktik von Bessler
soweit ich sie bisher verstanden habe.
Bessler war ein genialer Erfinder und Kenner von allerlei Schriften
und Verschlüsselungstechniken.
Natürlich wollte er sein Geheimnis für sich behalten bis
ihm jemand die Erfindung abgekauft hat, aber er hätte es am
liebsten auch hinausposaunt, welches sagenhafte Geheimnis er
entdeckt hat. So hat er in seinen Schriften immer wieder Hinweise gegeben
aber das wahre Geheimnis nie angesprochen. Gut dass es heute
wieder Menschen gibt, die Zeit haben sich über Jahre hinweg mit diesem
Thema zu beschäftigen, einen Hinweis nach dem anderen zu
entschlüsseln und evtl. auch das Geheimnis aufzudecken.
Einen seiner Tricks habe ich bereits angesprochen: Das was man
verheimlichen will muss man offen zur Schau stellen und ihm nur eine
andere Funktion zuweisen, wie z.B. beim Stampfwerk.
Ein weiterer Trick: In einer Beschreibung schön drum herum
schreiben, das Wichtige aber auslassen.
Ich nenne mal MT24 und MT25 als Beispiel.
MT24 hat acht Fluggewichte, MT25 nur vier. Ein Bild mit der richtigen
Zahl sechs fehlt. Doch genau das wäre richtig.
Die Mechanik der ersten beiden Räder versteckt sich hinter dem
fehlenden Bild mit sechs Fluggewichten.
Und wenn man noch weiter spekulieren möchte zu MT24: 2 + 4 = 6 - auch interessant!
Diese Strategie resumiert für mich Besslers Vers auf der letzten Seite seiner
Poëtischen Apologie:
„Seyd ihr dann auch noch unverständig
Wenn ich die Kunst entdeck’ inwendig/
So mach der - - euch gebändig.”
Das „- -” bedeutet:
der fehlende Teil, das nicht Dargestellte, die Auslassung, das Sinnvolle dazwischen.
Das was Bessler nicht darstellt, das ist das Wesentliche!
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Hier also ein 2er-System nach der Skizze von MT24.
Ein einfacher Hebel ersetzt die Seilrolle von vorher,
das spart Gewicht und ist einfacher umzusetzen.
Die minimale Zapfenbewegung (türkiser Hebel)
wird vom gelben Gestänge vergrößert und zum
Ausschwingen des oberen Fluggewichts benutzt.
Dieses zieht gleichzeitig mit dem grauen Seil
das untere Gewicht nach innen.
Nur durch den Eingriff des Stampfwerks entsteht
die perpetuierliche Bewegung die Bessler in DT 21
beschreibt:
„ ... daß sie nicht nur vor sich nimmermehr ein
Aequilibrium oder Punktum quietis erreichen/
sondern dasselbe ohnaufhörlich suchen/
und anbey in ihrer Bewunderns=würdigen
schnellen Flucht/ nach Proportion sowohl
eigener als ihres Gehäuses Größe noch
andere von aussen an die Welle oder Axin
ihres Vorticis Verticalis applicirte Lasten/
mitbewegen und -treiben müssen.”
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Die Gewichte im Rad können also nie ein Gleichgewicht erreichen
und zum Stillstand kommen, wenn sie vom Stampfwerk immer wieder neu
angeregt werden. Die Aufgabe ist „nur” noch die richtigen
Proportionen zu finden, also die Dimensionierung der Maße und
Gewichte, die Länge der Hebel und deren Ansatzpunkte.
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In diesem Bild sind jetzt alle drei Systeme
mit ihren 6 Fluggewichten dargestellt
und man sieht sofort, dass diese
Optimierungsarbeit noch nicht erledigt ist.
Die Fluggewichte brauchen hier länger zum
Ein- und Ausschwingen,
die Stampfer müssten also früher eingreifen.
Aber im Großen und Ganzen ist die
Mechanik jetzt einfach genug
um in ein Rad zu passen mit einer Breite
von nur 10 cm oder weniger.
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Wie Bessler war ich so manches Mal am verzweifeln. Hat Bessler doch betrogen?
Auch dann wäre er ein Genie gewesen. Aber dazu war er zu gottesfürchtig.
Wer seine Schriften versteht, der weiß, er hat nicht gelogen. Aber wie hat er es gemacht?
Jetzt ist es klar! Die Räder funktionierten wie beschrieben und beglaubigt
- und das Prinzip ist einfach.
Schon Fürst Karl, Landgraf zu Hessen, der als einziger den Mechanismus sehen durfte, sagte sinngemäß:
„Erstaunlich, dass nicht schon früher jemand das entdeckt hat.”
Und trotzdem hat es weitere 300 Jahre gedauert und die Wissenschaft leugnet es immer noch.
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