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Die Bahn der Fluggewichte in den Bessler-Rädern
wie ich sie Anfang Oktober 2023 mit Hilfe der Hinweise
in Besslers Überlieferungen rekonstruieren konnte.
Laut Bessler ist es die einzige Möglichkeit
um eine perpetuierliche Bewegung zu erreichen.
Es gibt aber mehrere mechanische Umsetzungen.
So hatten die Räder von Merseburg und Kassel
„Ganz ein anders Principium”
als die ersten Räder von Gera und Draschwitz.
Dargestellt ist die Bahn von einem der drei 2er Systeme
wie sie wohl in den ersten Rädern verbaut waren.
Die Räder mit den Federn und den Fluggewichten
nach MT18 sind mit einer Kette verbunden und
laufen jeweils gleichzeitig und gleichsinnig.
(Anstatt einer Kette wurde hier bei Algodoo
eine sog. verzogene Welle verwendet.)
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In Zeitlupe dargestellt haben die drei 2er Systeme in den ersten Rädern
danach folgenden Bewegungsablauf.
In der wahren Drehzahl von 50 U/min war das noch 5-mal schneller.
Und wer sich jetzt fragt: Woher kam eigentlich das „primum movens”
von dem Bessler immer wieder sprach?
Vom Stampfwerk natürlich!
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Beim Hochschwingen „fällt” das Fluggewicht
jeweils in die Feder und spannt diese.
Beim „Ankommen” kann die Feder nicht
überschwingen, sondern sie schlägt auf.
In AP 81 schreibt Bessler:
„Der sind nun immer zwey und zwey/
Nimmt ein Ding äusserlich die Stelle/
So fährt das andre an die Welle/”
in PA 88:
So lang' Matery hält und wäret/
So lang es von sich selbst rum fähret/
Auf einer Seit' ists schwer und voll/
Auf jener leer und leicht( wies sol/)
... und in PA 66
Es rühr’t das Klappern ganz und gar
Vom wahren Motu her führwahr.
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Aber wie kam ich eigentlich auf diesen Bewegungsablauf und diese Bahn?
Als ich mich mal wieder mit meinem
Entwurf vom November 2017
beschäftigte
bekam ich im Oktober 2023 das Buch Verbotene Erfindungen von György Egely
(Kopp Verlag) geschenkt. Es handelt im ersten Drittel vom Bessler-Rad und beruht wohl
zum Großteil auf den Veröffentlichungen von John Collins.
Eindringlich dargestellt ist darin der Werdegang von Bessler und seine Einordnung
in die damalige Zeit mit Armut, Kriegswirren, Fürstentümern und der sich
aus der Alchemie entwickelnden Physik.
Vieles ist wohl zwei Mal übersetzt und dabei nicht richtiger geworden.
Einige Male wurde erwähnt, dass die Bahn der Fluggewichte
in den Rädern bis heute nicht bekannt ist, das gab mir einen Impuls.
Die Bahn, sie war bei meinen Entwicklungen meist nur das Ergebnis.
Sollte ich evtl. mehr von der Bahn her denken und danach die Mechanik entwickeln?
Gerade hatte ich vom großen Rad ein System (eins von fünf)
mit den zwei Fluggewichten in Arbeit mit Algodoo.
Mit den Leuchtspuren an den Gewichten ergab sich dann folgendes Bild:
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Die Bahn scheint sehr gut zu sein.
Ein Gewicht ist immer aussen und treibt,
das andere ist innen und nimmt kaum Energie.
Da beim bidirektionalen Rad die Feder mal
in die eine Richtung und mal in die andere
gespannt wird, kann es keinen Anschlag geben.
Das Hochschwingen des unteren Gewichts beginnt
sehr gut, macht aber beim Ankommen in der Mitte
Probleme. Es schwingt über und bremst dabei das Rad.
Normalerweise hätte ich jetzt mit allen
möglichen Tricks versucht dieses Überschwingen
in den Griff zu bekommen.
Aber ich schaute mir die Bahn genauer an.
Irgendwo bei Bessler habe ich sowas schon gesehen.
Im Wappen von Bessler.
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Wieder einmal hat Bessler ein Geheimnis (eines seiner wichtigsten) ganz öffentlich
zur Schau gestellt.
Er hat ihm nur eine andere Bedeutung zugeordnet, sein Wappen oder Monogramm:
Eine kurze Erklärung des Wappens (soweit mir bekannt):
Bessler hat seinen Namen mit der Verschlüsselung ROT12 latinisiert in Orffyre.
Er war 1716 von Landgraf Karl von Hessen-Kassel in den Stand eines „Rath”
erhoben worden. Zum Erreichen der Symmetrie hatte er Rath gespiegelt geschrieben, also:
HTARORffYRE. In der Zeit um 1715, als er die bidirektionalen Räder
entwickelte, hat er sich weitere Vornamen zugelegt. Er hieß eigentlich
nur Elias, nutzte dann aber zusätzlich die Namen Johann und Ernst.
Wahrscheinlich wollte er zwei Vornamen mit E haben (für die Bahnen cw und ccw)
und um damit gleichzeitig noch zu verwirren (E wird nach ROT12 ein R).
Mit den Buchstaben darunter hat er wohl auf seine Fähigkeiten hingewiesen,
Dr.?, Medizin, Mathemathik, Physik und Mechanik.
Wahrscheinlich hat er darin aber auch eine Zahl codiert,
dafür spricht die Unterlänge beim P.
ROT12 |
A |
B |
C |
D |
E |
F |
G |
H |
I/J |
K |
L |
M |
|
N |
O |
P |
Q |
R |
S |
T |
U/V |
W |
X |
Y |
Z |
Das Alphabeth hatte damals 24 Buchstaben I=J und U=V.
Es wird immer ein Buchstabe von oben durch den von unten ersetzt
und umgekehrt.
Aus B wird O, aus O wird B, usw.
Um bei meiner Simulation die Bahn zu erhalten wie im Wappen dargestellt,
musste ich jetzt nur die Federn an den Fluggewichten verlängern.
Die Simulation lief hervorragend, die Überschwinger bremsten jetzt
nicht mehr, sondern sie beschleunigten sogar das Rad.
Alles in Ordnung? Ja und Nein!
Ja - Ich habe vielleicht die Bahn der Fluggewichte entdeckt.
Nein - Es war eingetreten was ich schon lange befürchtet habe:
Das Rad mit dieser Mechanik konnte keine durchgehende Welle haben! |
Aber etwas anderes wird jetzt klarer:
Warum hatten die ersten Räder Filzeinlagen zur Geräuschminderung
und die beiden bidirektionalen nicht?
In PA66 schreibt Bessler:
Denn jenes hatte um und um
Ganz ein anders Principium;
Das eine lieff auf eine Seiten/
Das zweyt’ auf zwey für allen Leuten;
Jenes mit Filz beliedert war/
Und dieses nicht mit einem Haar.
Bei den ersten, unidirektionalen Rädern schlugen Federn und Fluggewichte
am Ende ihrer Bahn hart auf, siehe GIF-Bild oben. Bei den bidirektionalen
Rädern ging das nicht, ein Überschwingen der Federn musste hier
in Kauf genommen werden.
Darum hatten die großen Räder im Verhältnis auch weniger Kraft.
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