Bessler hatte keinen Elektromotor zum Antrieb der Satelliten, also muss er es anders gemacht haben.
Wahrscheinlich hat er dazu ein Reibrad benutzt, das zur richtigen Zeit
das untere Satellitenrad gedreht hat.
Ich habe das in
Motus in 3D
schon beschrieben.
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Auf einer Zentralwelle drehen sich
die Segmente von Reibrädern
auf drei Ebenen und jeweils
um 120 Grad versetzt.
Dieses Motus-Rad muss sich
doppelt so schnell drehen
wie das Rad, da ja pro Rad-
Umdrehung 6 Satelliten
zu bedienen sind.
Zum Andrehen gibt es sicher noch
einen zusätzlichen Stift
oder eine Nocke,
sonst wäre die Belastung und der
Verschleiß der Reibräder zu groß.
Die Reibräder müssen die Drehung
dann nur definiert zu Ende bringen.
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Die Rotation des Motus könnte jetzt einfach von der Drehung des Rades abgeleitet werden,
aber so einfach ist es wohl nicht. Anscheinend muss das Stampfwerk die Winkelgeschwindigkeit
noch modulieren (sehr schnelles Andrehen der Satelliten)
und evtl. kommt noch ein zusätzliches Geheimnis in der Achse dazu.
Aber betrachten wir zuerst das Stampfwerk:
Bei den ersten Rädern gibt es drei
doppelwirkende Stampfer, so dass pro Umdrehung der Achse sechs Impulse erzeugt werden. Unter der
Annahme, dass die Achse fest mit dem Rad verbunden ist, sollten also 6 Satelliten im Rad sein.
Überlegungen mit 5 Satelliten klammere ich hier erst einmal aus.
Von den großen Rädern wissen wir, dass ein Stampfer mehr als 20 kg schwer war.
Und auch Teuber hat die Stampfhölzer als recht schwer beschrieben.
Beim ersten Rad von Gera gehe ich von bis zu 10 kg pro Stampfer aus, beim Rad von Draschwitz
waren es evtl. bis zu 20 kg.
Bei 50 U/min wurde jeder Stampfer zweimal gehoben, also alle 0,5 bis 0,6 Sekunden einmal.
Kaum ist der Stampfer also gelandet, wird er schon wieder angehoben. Das erfordert schon
eine gewisse Präzision bei der Konstruktion des Stampfwerks und ist für mich
auch ein Zeichen, dass es nur eine Ablenkung von Bessler war, wenn er das Stampfwerk zum
Mahlen und Zerkleinern vorstellte.
Man sollte ja nicht erkennen, dass es ein integraler Bestandteil des Systems war.
Und das ist Bessler gelungen - bis heute!
Jetzt sind es nur noch zwei Schritte zu einem fertigen Modell:
Wir brauchen ein Getriebe um die Drehzahl des Rades verdoppelt an den Motus
zu bringen und wir müssen diese dann noch mit dem Stampfwerk „modulieren”.
Wenn also ein Zapfen in einen Stampfer eingreift, soll Drehzahl und Drehmoment
der Motus-Welle
erhöht werden und darf nach der Beschleunigung des Satelliten wieder abnehmen.
Wie aber kann man eine Drehzahl verdoppeln ohne festen Punkt im Rad?
Wir brauchen etwas im Rad, das sich nicht mitdreht, um die Zahnräder
daran zu befestigen. Das kann z.B. ein schweres Pendel sein, ein Ruhepol im Rad.
Zusätzlich sollten wir noch eine Ratsche an der Aufhängung des
Pendels einbauen, so dass das Pendel im Uhrzeigersinn auch das Rad mitnimmt.
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Beim Getriebe brauchen wir zwei
Stufen, um wieder auf die gleiche
Welle zu kommen, z.B.:
1:1,6 und 1:1,25 (1,6 x 1,25 = 2).
In Zahnrädern heißt das z.B.
20:32 und 20:25 Zähne.
Um auf denselben Wellenabstand
zu kommen müssen die Zahngrößen
allerdings unterschiedlich sein,
aber das ist ja problemlos machbar.
Das grüne Zentralzahnrad ist mit
dem Rad verbunden,
das violette mit dem Motus.
Der ist jetzt doppelt so schnell.
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Und jetzt zum heikelsten Punkt im Bessler-Rad:
Welche Mechanik leitet die Impulse vom Stampfwerk zum Unwuchtsystem?
Was soll beim Eingriff eines Zapfen geschehen?
Der schwere Stampfer bleibt wegen seiner Trägheit erstmal stehen.
Dabei wird in der Achse Torsionsenergie aufgebaut und mit dieser Energie
soll das Andrehen des Satelliten unterstützt werden.
Merke:
Die Energie zum Hochheben des Stampfers geht nicht verloren,
sie wird zu einem großen Teil zur Unwuchterzeugung genutzt.
Meine Lösung für die Mechanik in der Achse sieht aktuell so aus:
- Alle 6 Zapfen sind fest mit der Achse verbunden und die gesamte Achse kann
sich geringfügig (ca. 15°) per Torsionsfeder zurückdrehen,
wenn ein Zapfen eingreift.
- Eine Ratsche verbindet die Achse mit dem Pendel und dieser starke Impuls
lenkt das Pendel aus. Das Pendel muss dazu viel kürzer werden und
wird so zu einem Steuerpendel in der Achse mit einer Frequenz von ca. 5 Hz.
- Die Auslenkung des Pendels führt über das Getriebe automatisch zu einer
Beschleunigung des Motus und zu einem kräftigeren Antrieb des Satelliten.
- Durch die Torsionsfeder wird die Achse sich wieder in die Ursprungsposition
zurückdrehen, wenn der Stampfer abgefallen ist
und bevor der nächste Stampfer eingreift.
Dabei wird auch die Ratsche aktiv, so dass das Pendel nicht gebremst wird.
Über diesen Weg werden auch verschiedene Last-Beaufschlagungen im Rad ausgeregelt.
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Das Bild skizziert den inneren Aufbau der Achse nach den Maßen des Draschwitz-Rades.
Nur angedeutet ist die Ratsche in der linken Achse sowie die Torsionsfeder zum Rad.
Die Trennscheiben zwischen den Motus-Flügeln sorgen dafür, dass nur der richtige
Satellit gedreht wird. Der Platz links vom Motus ist für die sechs Riemen reserviert.
Die Welle des Rades ist nicht durchgehend, da ja im Zentrum des Rades ein Teil der Welle
mit dem Pendel schwingt. Die Welle ist also zwei mal unterbrochen, damit die
äusseren Auflagezapfen sich mit dem Rad bzw. der Achse drehen können.
Damit ist das Prinzip der ersten zwei Räder geklärt.
Was jetzt noch aussteht ist die Parametrierung der einzelnen Bauteile (Gewicht der Stampfer,
der Fluggewichte, Stärke der Federn usw.).
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